März '23

Der Lebensfaden der berühmtesten Weberin des 20. Jahrhunderts ist Abbild der Reise eines Fadens durch das Gewebe. Anni, geborene Fleischmann, hatte sicherlich Talent, war aber kein Wunderkind. Trotz des mangelnden Vertrauens ihrer Familie und Freunde studierte sie an der berühmten Bauhaus Kunstschule. Gegen ihren Willen musste sie die Fachrichtung Textilproduktion einschlagen. Letztlich wurde es aber eine Herzenssache, und das, obwohl Socken gestrickt und nicht gewebt werden.

Allmählich wurde Anni nicht nur auf ihrem Gebiet, sondern auch für ihr Gebiet bekannt. Doch das Schicksal hatte für sie noch mehr bereit. Obwohl ihre Familie seit mehreren Generationen offen protestantisch war, verfolgte der aufkommende Nationalsozialismus auch ihre jüdischen Wurzeln. Sie wanderte nach Amerika aus, wo in der Nachkriegszeit viele neue Trends in Kunst und Produktion entstanden. Es gelang ihr wie niemandem sonst, diese beiden Welten miteinander zu verbinden.

Das Konzept war einfach: die Kunst so weit auf ihre Grundprinzipien zu reduzieren, bis sie mit dem Zielhandwerk bearbeitet werden kann. Monets impressionistische Seerosen zum Beispiel lassen sich nur schwer auf einem Webstuhl herstellen. Grundformen wie Kreise und Quadrate dagegen sind für eine Weberin ein Kinderspiel.

Dieser Ansatz hatte drei wichtige Folgen. Erstens wurde Anni zu einer Ikone der Industrie und der Kunst. Zweitens wurden im menschlichen Leben alltäglichen Konsumgütern Kunst hinzugefügt. Und drittens war die Arbeit des Höchsten Sockenrates im März dank Picassos Rat und Anni Albers' Beitrag zur Kunst schlicht einfacher.