Mai '24

Die Frage ist noch anregender, wenn man sie in die Sprache der Farben stellt: Würden leuchtende Farben auch dann existieren, wenn es keine Augen gäbe, die sie sehen könnten?

Bei meiner Socken-Ehre ist es mir nicht erlaubt, eine selbstgefällige Ausrede der Art zu benutzen, dass es davon abhängt, wie man Schall und Licht definiert und ob sie als Welle oder erst als Nervenimpuls verstanden werden. Lassen Sie mich statt dessen klarstellen, dass es ohne Augen keine Farben gäbe, wie die in diesem Monat vor Ihrer Haustür blühenden Blumen beweisen.

Es ist kein Zufall, dass die ersten bunten Blüten vor etwa 100 Millionen Jahren auftauchten, also zu dem Zeitpunkt, als unsere berühmten Bestäuber begannen, ein breiteres Farbspektrum wahrzunehmen. Bis dahin waren die Pflanzen überwiegend grün, um möglichst viel Energie durch Photosynthese zu erzeugen. Das bedeutet auch, dass die Dinosaurier die meiste Zeit ihres Daseins nicht von malerischen Blüten umgeben waren, sondern von einem grünlich-braunen Allerlei.

Das „Uptrading“ der grünen Solarzellen mit bunten Nektarverlockungen leitete eine neue Ära ein. Jeder Bestäuber hatte seine eigene Vorliebe. Eine Biene bevorzugt Gelb und Blau, ein Kolibri mag Rot, und ein Nachtfalter sieht am besten weiße Blüten.

Kurz: Wenn es keine Augen gäbe, Farben zu bewundern, gäbe es auch keine bunten Socken.